NeuroSys setzt sich im ersten Ideenwettbewerb "Clusters4Future" durch

Der Cluster „NeuroSys – Neuromorphe Hardware für autonome Systeme der Künstlichen Intelligenz“ wird mit 45 Millionen Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert, um zur technologischen Unabhängigkeit Deutschlands und Europas im Bereich der Künstlichen Intelligenz beizutragen.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat die Gewinner der ersten Ausschreibung der Initiative „Clusters4Future“ bekannt gegeben. Unter den sieben geförderten Clustern ist auch „NeuroSys – Neuromorphe Hardware für autonome Systeme der Künstlichen Intelligenz“, eine Initiative, die von Prof. Max Lemme, wissenschaftlicher Geschäftsführer der AMO GmbH und Leiter des Lehrstuhls für Elektronische Bauelemente an der RWTH Aachen, koordiniert wird. Ziel von NeuroSys ist es, die in Aachen und im Forschungszentrum Jülich betriebene exzellente Grundlagenforschung zu neuromorphen Bauelementen und Algorithmen in eine tragfähige Technologiebasis für zukünftige europäische KI-Hardware umzusetzen. Die Vision ist die technologische Unabhängigkeit Europas in diesem ethisch und wirtschaftlich sensiblen Bereich.
Die Initiative „Clusters4Future“ ist Teil der Hightech-Strategie 2025 der deutschen Bundesregierung. Dieser themenoffene Wettbewerb zielt auf regionale Innovationsnetzwerke, die gesellschaftliche Herausforderungen angehen, indem sie neue Innovationsfelder erschließen und die Stärken verschiedener Akteure – aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft – bündeln. Diesem Schema folgend sind an NeuroSys die RWTH Aachen, das Forschungszentrum Jülich, die AMO GmbH, die IHK Aachen sowie die Unternehmen AixACCT Systems GmbH, AIXTRON SE, AppTek GmbH, ELMOS Semiconductor SE, RWTH Innovation GmbH und STAR Healthcare beteiligt, ebenso wie die Start-ups AiXscale Photonics UG, Black Semiconductor GmbH, Clinomic GmbH und Gremse-IT GmbH. Jeder Zukunftscluster wird vom BMBF mit bis zu 5 Millionen Euro pro Jahr für neun Jahre gefördert.

Künstliche Intelligenz: eine Schlüsseltechnologie für die Zukunft

Künstliche Intelligenz (KI) dominiert auf der Ebene der Algorithmen bereits heute Bereiche wie Computer Vision und Sprachverarbeitung und wird in Zukunft eine immer größere Rolle in unserem Alltag spielen. Die technologische Unabhängigkeit in diesem Bereich ist von strategischer Bedeutung, denn KI wird der Baustein für die nächste globale Entwicklungsstufe sein – nicht nur in Bezug auf das Wirtschaftswachstum, sondern auch für die Bewältigung großer gesellschaftlicher Herausforderungen wie Klimawandel, Gesundheit, Arbeit oder Mobilität.
Der Aufstieg der KI bringt neue Chancen und neue Herausforderungen mit sich, sowohl aus gesellschaftlicher als auch aus technologischer Sicht. Das Training großer neuronaler Netze auf Basis moderner Grafikprozessoren (GPUs) mit Deep-Learning-Methoden hat zum Beispiel einen sehr großen CO2-Fußabdruck, was GPU-basierte neuronale Netze nicht nachhaltig machen lässt. Darüber hinaus ist bereits heute klar, dass traditionelle Computerhardware an ihre Grenzen stößt, wenn es um Anwendungen wie autonomes Fahren, personalisierte Medizin, Smart Cities und Industrie 4.0 geht, die innovative Hardwarekonzepte mit hoher Energieeffizienz und Datensicherheit erfordern. Diese offenen technologischen Herausforderungen sind eine Chance für Deutschland und Europa, sich durch die Entwicklung und den Einsatz eigener KI-Hardware im weltweiten Wettbewerb zu positionieren.

Das Potenzial der neuromorphen Hardware

Ressourcenschonende neuromorphe Hardware, die es erlaubt, neuronale Netze effizienter zu implementieren und die Datensicherheit als Designkomponente einbezieht, wird zum Schlüssel für den breiten Einsatz von KI. Dies gilt insbesondere für Anwendungsbereiche in autonomen Fahrzeugen, der Medizintechnik und dem Internet der Dinge. Neuromorphe Systeme sind den beiden Grundbausteinen des Gehirns nachempfunden: Neuronen und Synapsen. Durch die Integration neuer Materialien mit spezifischen Eigenschaften können sie im Idealfall die Verarbeitung von Daten vor Ort ressourcenschonend durchführen.
Wissenschaftler der RWTH und des Forschungszentrums Jülich konnten bereits die Funktionalität von neuromorphen Bauelementen aus memristiven Materialien demonstrieren, also neuartigen Materialien, deren elektrischer Widerstand von außen programmiert und neu eingestellt werden kann. Allerdings gibt es weltweit keine Pilotlinien oder Produktionskapazitäten, um neuromorphe Chips im industriellen Maßstab herzustellen oder zu integrieren. Außerdem muss das gesamte Ökosystem aus Hardware, Design, Algorithmen und anwendungsgesteuerter Software zusammenarbeiten, um die großen Vorteile der neuromorphen Hardware zu nutzen. Der Schritt von exzellenter Grundlagenforschung zu einer realisierbaren Technologie erfordert einen ganzen Paradigmenwechsel, und das Ziel von NeuroSys ist es, der Antrieb für diesen Wechsel zu sein.

Eine große Chance

Der Fokus von NeuroSys liegt nicht nur auf den technologischen Aspekten der neuromorphen Hardware, sondern auch auf den damit verbundenen ethischen und sozioökonomischen Fragen. Im Rahmen des Projekts werden Modelle und Konzepte zur Messung der wirtschaftlichen, sozialen und normativen Nachhaltigkeit der von NeuroSys verfolgten Innovationen entwickelt, um den langfristigen wirtschaftlichen Erfolg und den Nutzen für die Gesellschaft insgesamt sicherzustellen.
„Das Zukunftscluster ist eine große Chance für die Region Aachen-Jülich, gerade im Zusammenhang mit dem Strukturwandel im rheinischen Revier. Wir beginnen damit, exzellente Wissenschaft in Unternehmen und Start-ups der Region zu transferieren. Unsere Vision ist es, in der Region Aachen eine Produktionslinie für memristive Bauelemente aufzubauen, in der dann die Ko-Integration von neuromorphen Funktionen durch neue Materialien in die konventionelle Siliziumtechnologie erfolgt“, sagt Prof. Lemme. „Um dieses Ziel zu erreichen, müssen wir ein ganzes Ökosystem entwickeln, von der Materialwissenschaft bis hin zu dedizierter Software, das die Leistungsfähigkeit der neuen Technologie demonstriert, um die großen Investitionen anzuziehen, die für eine Fab nötig sind. Und wir müssen die entscheidenden ethischen und sozioökonomischen Fragen im Zusammenhang mit KI angehen, denn wir streben eine KI an, die den europäischen Werten entspricht und bei der Datenschutz und Souveränität durch das Design gewährleistet sind.“

Kontakt:
Univ. Prof. Dr.-Ing. Max Lemme
Lehrstuhl für Elektronische Bauelemente
E-Mail: max.lemme@eld.rwth-aachen.de
Telefon: 0241/80-20280