ENERGIZE: Eine Partnerschaft zwischen Korea und der EU für energieeffiziente neuromorphe Hardware

Die Europäische Union, Südkorea und die Schweiz haben gemeinsam das ehrgeizige Forschungsprojekt ENERGIZE ins Leben gerufen und 3,6 Millionen Euro für die Entwicklung energieeffizienter Hardware auf der Basis zweidimensionaler (2D) Materialien für Edge-Computing und KI-Anwendungen bereitgestellt.

ENERGIZE ist eines von vier Projekten, die im Rahmen der gemeinsamen Ausschreibung der EU und Südkoreas im Februar 2024 ausgewählt wurden. Der Schwerpunkt liegt auf der Weiterentwicklung kritischer, aber noch nicht kommerzieller Halbleitertechnologien, einschließlich heterogener Integration und neuromorpher Datenverarbeitung. Das Projekt zielt darauf ab, ein international führendes Konsortium zu bilden, um die Herausforderungen der energieeffizienten Datenverarbeitung im Zeitalter von Big Data und KI zu bewältigen.

Bewältigung der KI-Energieherausforderung

Die explosionsartige Zunahme der Datenerfassung – von mobilen Geräten und autonomen Fahrzeugen bis hin zu IoT und Industrie 4.0 – erfordert hocheffiziente Schaltkreise und Algorithmen für die Datenverarbeitung und -speicherung. Künstliche Intelligenz (KI), insbesondere durch künstliche neuronale Netze (ANN), ist für die Bewältigung dieser Herausforderungen von zentraler Bedeutung.

Das Training großer ANNs auf herkömmlichen Prozessoren führt jedoch zu einem erheblichen Energieverbrauch und trägt damit zu Umweltproblemen bei. Herkömmliche Computerarchitekturen können mit den Anforderungen zukünftiger KI-Anwendungen, wie der Analyse von Multimediadaten und der Simulation komplexer Systeme, nur schwer Schritt halten. Der Bedarf an innovativen Computertechnologien ist daher entscheidend.

Neuromorphe Hardware, die vom menschlichen Gehirn inspiriert ist, stellt eine vielversprechende Lösung für diese Herausforderungen dar. Im Gegensatz zu herkömmlichen Von-Neumann-Architekturen, bei denen Rechen- und Speicherfunktionen physikalisch voneinander getrennt sind, werden bei neuromorphen Chips Rechen- und Speicherfunktionen direkt in dieselbe Hardware integriert. Dieser als Computing-in-Memory bekannte Ansatz eliminiert den energieintensiven Datentransfer zwischen Prozessoren und Speicher und ermöglicht gleichzeitig eine hochparallele Verarbeitung. Neuromorphe Hardware hat das Potenzial, KI-Aufgaben mit einer um Größenordnungen höheren Energieeffizienz als herkömmliche Hardware zu lösen.

Die Wette auf zweidimensionale Materialien

Die Forschung auf dem Gebiet der neuromorphen Hardware steckt noch in den Kinderschuhen, und es werden erhebliche Anstrengungen unternommen, um die vielversprechendsten Materialien und Ansätze für die Entwicklung der neuen Hardware zu ermitteln. Das ENERGIZE-Projekt konzentriert sich auf 2D-Materialien als Grundlage für neuromorphe Hardware. Diese Materialien versprechen außergewöhnliche Eigenschaften wie niedrige Schaltspannung, kurze Reaktionszeiten und hohe Energieeffizienz. Darüber hinaus eignen sie sich aufgrund ihrer einzigartigen Oberflächeneigenschaften, wie hohe Kristallinität und das Fehlen freier Bindungen, besonders für die nahtlose Integration in bestehende Halbleitertechnologien, einschließlich Back-End-of-Line (BEOL)-Prozessen.

Um das Potenzial von 2D-Materialien für die neuromorphe Datenverarbeitung zu demonstrieren, verfolgt ENERGIZE einen ganzheitlichen Forschungsansatz, der Materialwachstum, Bauelementherstellung, Multiskalensimulation und die Entwicklung großflächiger synaptischer Arrays und neuromorpher Systeme umfasst. Dieser vernetzte Rahmen ermöglicht es dem Projekt, innovative Konzepte auf mehreren Ebenen zu erforschen und für eine optimale Leistung zu verfeinern. Die Vision des Projekts ist es, das Wachstum von 2D-Materialien im Wafer-Maßstab voranzutreiben, die Zuverlässigkeit der Geräteherstellungsprozesse zu verbessern und die Integration von 2D-Geräten in bestehende Halbleitertechnologien zu demonstrieren. Darüber hinaus soll die effiziente Inferenz und das Training von neuronalen Netzen mit Crossbar-Arrays ermöglicht und standardisierte Benchmarking-Methoden für neuromorphe Bauelemente und Schaltungen etabliert werden.

Strategische Wirkung durch internationale Zusammenarbeit

Die vielschichtige, vernetzte Forschung von ENERGIZE wird durch die komplementäre Expertise der Projektpartner ermöglicht. Auf europäischer Seite bringt das Projekt die Gruppe von Max Lemme und Zhenxing Wang an der AMO GmbH, die Gruppen von Andras Kis und Adrian Ionescu an der EPFL, die Gruppe von Gianluca Fiori an der Università di Pisa und die Gruppe von Andres Godoy an der Universidad de Granada zusammen. Auf koreanischer Seite sind die Gruppen von Ki Kang Kim und Woo Jong Yu an der Sungkyunkwan University, Gunuk Wang an der Korea University, Byung-Geun Lee am Gwangju Institute of Science and Technology und Sungju Ryu an der Sogang University beteiligt.

Prof. Max Lemme betonte die Bedeutung der Kooperation: „Das ENERGIZE-Konsortium vereint herausragende Expertise entlang der gesamten Wertschöpfungskette von Halbleitern. Unser integrierter Ansatz hat das Potenzial, als Blaupause für ein internationales Netzwerk im Bereich des neuromorphen Rechnens zu dienen, einem Gebiet von immenser strategischer Bedeutung für Europa und Südkorea“.

Durch die Erweiterung der Grenzen des energieeffizienten Rechnens zielt ENERGIZE darauf ab, die steigenden Anforderungen von KI-Anwendungen zu erfüllen und gleichzeitig einen Beitrag zu den globalen Nachhaltigkeitszielen zu leisten und die technologische Führungsposition Europas und Südkoreas zu stärken. Insgesamt wird das Projekt mit rund 1,5 Millionen Euro von der Europäischen Kommission (Grant ID: 101194458), 1,4 Millionen Euro von der National Research Foundation of Korea (RS-2024-00439520) und 0,7 Millionen Euro vom Schweizer Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (REF-1131-52301) gefördert.

Für weitere Informationen:
Dr. Zhenxing Wang
AMO GmbH
Email: wang@amo.de