Ein Sonderforschungsbereich/ Transregio zur Neuerfindung der Grenzen des Chipdesigns
Der Sonderforschungsbereich/Transregio TRR404 – „Next Generation Electronics with Active Devices in Three Dimensions [Active-3D]” – hat im April 2025 offiziell seine Arbeit aufgenommen. Ziel ist es, die Grenzen des Chipdesigns neu zu definieren, indem neuartige Bauelemente und Integrationsstrategien entwickelt werden, die eine direkte Integration aktiver Bauelemente in das Volumen oberhalb der Chipfläche ermöglichen.
An dieser ehrgeizigen, interdisziplinären Forschungsinitiative sind führende Experten der Technischen Universität Dresden, der RWTH Aachen, der AMO GmbH, des Forschungszentrums Jülich, des Max-Planck-Instituts für Mikrostrukturphysik Halle (MPI-MSP), des Nanoelectronic Materials Laboratory (NaMLab) in Dresden und der Ruhr-Universität Bochum (RUB) beteiligt. Sprecher des TRR404 ist Prof. Thomas Mikolajick, Geschäftsführer von NaMLab und Professor an der TU Dresden; stellvertretender Sprecher ist Prof. Max Lemme, Geschäftsführer der AMO GmbH und Professor an der RWTH Aachen.
Ein neues Paradigma für die Halbleitertechnologie
Die Halbleitertechnologie ist das Rückgrat der modernen Gesellschaft und treibt Fortschritte in den Bereichen Kommunikation, Medizin, Verkehr, industrielle Produktion und sogar Landwirtschaft voran. Dieser Fortschritt wurde durch immer kleinere, billigere und energieeffizientere Komponenten vorangetrieben – ein Trend, der als Mooresches Gesetz bekannt ist. Die Verkleinerung des Transistors, dem Grundbaustein integrierter Schaltungen, führte in der Vergangenheit zu niedrigeren Kosten pro Funktion, höherer Leistung und verbesserter Energieeffizienz.
In den letzten Jahren hat sich die weitere Verkleinerung der Transistoren jedoch verlangsamt, da dieser Ansatz an seine physikalischen Grenzen stößt. Der Fokus der Innovation liegt nun auf der Maximierung der Flächeneffizienz durch neue Architekturen, die ungenutzte oder „tote” Bereiche auf dem Chip minimieren. Diese Entwicklung, die durch die gemeinsame Entwicklung von Materialien, Bauelementen und Schaltkreisen ermöglicht wird, hat das Mooresche Gesetz aufrechterhalten und die Grenzen der Halbleiterleistung und -effizienz weiter verschoben – auch wenn die traditionellen Skalierungsansätze an ihre Grenzen stoßen.
Der Sonderforschungsbereich TRR404 – Active-3D – will diese Grenze nun noch weiter verschieben, indem er „die dritte Dimension ausnutzt” und aktive Bauelemente direkt in das Volumen oberhalb der Chipfläche integriert.
„Viel Spielraum nach oben!“
Prof. Lemme erklärt: „In seiner berühmten Vorlesung ‚Viel Spielraum nach unten‘ aus dem Jahr 1959 wies Richard Feynman auf das ungenutzte Potenzial der Nanoskala hin. Heute betrachten wir das ungenutzte Potenzial des Volumens oberhalb der Chips und sagen: ‚Es gibt viel Spielraum nach oben.‘ Im Rahmen von Active-3D sind wir entschlossen, zu erforschen, wie sich dieses Volumen durch die Integration aktiver Bauelemente in das Back-End-of-Line (BEOL) vollständig nutzen lässt. Wir wollen Logik, Speicherfunktionalität und sogar aktive Verbindungen direkt in den vertikalen Raum der Chipstruktur integrieren.“

Künstlerische Visualisierung des Konzepts von Active-3D. ©TU Dresden/cfaed
Dieser Ansatz verspricht eine drastische Verbesserung der Energieeffizienz, der Leistung und der Flächenmetrik. Insbesondere wird es möglich sein, Logik- und Speicherfunktionen vertikal in einen einzigen Chip einzubetten. Dadurch kann der sogenannte „von-Neumann-Engpass“ umgangen werden, also die physische Trennung zwischen Speicher- und Logikkomponenten im herkömmlichen Chipdesign. Diese Trennung stellt insbesondere bei stromintensiven Anwendungen wie maschinellem Lernen und künstlicher Intelligenz eine große Einschränkung dar. Durch die Verschmelzung von Logik und Speicher innerhalb des BEOL-Volumens versucht Active-3D, diesen Engpass zu beseitigen, einen schnelleren Datenfluss zu ermöglichen und den Stromverbrauch zu senken.
Langfristige Perspektive für ein ehrgeiziges Projekt
Die Verwirklichung eines solchen neuartigen Paradigmas erfordert die Integration und Anpassung einer breiten Palette von Materialien sowie die Entwicklung hochentwickelter Fertigungstechnologien. Darüber hinaus ist eine völlig neue Perspektive für das Schaltungs- und Systemdesign notwendig. Um dies zu erreichen, bringt das Active-3D-Konsortium führende Forscher aus Dresden und dem Raum Aachen/Jülich zusammen. Diese Zusammenarbeit gewährleistet einen umfassenden Ansatz – von der grundlegenden Materialforschung über die Entwicklung von Prototypen bis hin zu Leistungssimulationen.
Ermöglicht wird diese ambitionierte Forschung durch die langfristige Förderperspektive von bis zu zwölf Jahren der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für Sonderforschungsbereiche. Bis zum Ende des zwölfjährigen Förderzeitraums will Active-3D wissenschaftliche Schlüsselfragen zu den optimalen BEOL-Bauelementen, Materialkombinationen und Fertigungstechniken beantworten, die für die Herstellung wirklich dreidimensionaler aktiver Schaltungen erforderlich sind. Die im Rahmen des Projekts erzielten Durchbrüche werden die Grundlage für künftige wissenschaftliche Fortschritte und industrielle Anwendungen bilden und die Position Deutschlands und Europas an der Spitze der Innovationen im Bereich Mikroelektronik stärken.
Die Beiträge von AMO und ELD
AMO ist mit zwei Projekten an diesem Vorhaben beteiligt. Das eine wird von Prof. Yana Vaynzof (TU Dresden) und Dr. Maryam Mohammadi (AMO) geleitet und ist sehr grundlegend. Es untersucht die Möglichkeit, vertikale Feldeffekttransistoren (FETs) auf der Basis von Perowskiten zu realisieren. Das zweite Projekt konzentriert sich dagegen auf die Ko-Integration zweier ausgereifterer Bauelementetechnologien: der bei AMO entwickelten Technologie für FETs auf der Basis zweidimensionaler Materialien und der am Forschungszentrum Jülich entwickelten memristiven Bauelemente. Ziel ist die Realisierung von Voll-BEOL-Elementen für die energieeffiziente Matrix-Vektor-Multiplikation. Dieses Projekt wird von Dr. Zhenxing Wang (AMO) und Dr. Dr. Susanne Hoffmann-Eifert (FZ Jülich) geleitet.
Prof. Max Lemme und der Lehrstuhl für Elektronische Bauelemente der RWTH sind darüber hinaus an zwei weiteren Projekten beteiligt: Ein Projekt zur Optimierung von FETs auf Basis von 2D-Materialien in Zusammenarbeit mit der Gruppe von Prof. Xinliang Feng (TU Dresden) sowie ein weiteres Projekt zur Entwicklung neuer Kontaktierungs-, Verdrahtungs- und Integrationsschemata für 3D-Architekturen in Zusammenarbeit mit der Gruppe von Prof. Thomas Mikolajick.
More information
Weitere Informationen und Aktualisierungen zu dieser Initiative finden Sie auf der Active-3D Homepage.
Kontakt
Prof. Max C. Lemme
AMO GmbH & RWTH Aachen University
lemme@amo.de